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Polizei NRW: „Wieviele Einzelfälle braucht es für ein rechtes Netzwerk?“- Demo am 05. Juni in Essen

Forum gegen Polizeigewalt und Repression | Demonstration am 05.06.2021 in Essen | Polizei NRW: „Wieviele Einzelfälle braucht es für ein rechtes Netzwerk?“

Beinah im Wochentakt gehen neue Meldungen von aufgeflogenen rechten Gruppierungen bei deutschen Sicherheitsbehörden durch die Medien. Die Fälle reichen vom Hissen der Reichskriegsflagge, über das Verbreiten von extrem rechten und menschenfeindlichen Inhalten in Internet und Chatgruppen, das Abzweigen und Horten von dienstlichen Waffen und Munition z.B. beim KSK (Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr) bis zu konkreten Umsturzplanungen bei „Nordkreuz“ (extrem rechtes Polizisten- und Soldatennetzwerk).

Für viel Aufsehen sorgte im Herbst 2020 der Fall am Polizeipräsidium Essen/Mülheim, wo durch einen Zufallsfund auf dem Handy eines Polizisten, mindestens fünf Whats App Gruppen aufflogen. Darin teilten insgesamt an die 40 Polizist*innen über Jahre Hitlerbilder, Hakenkreuze, Darstellungen von Geflüchteten in Gaskammern, fiktiven Erschießungen von nicht weißen Menschen, Fotos von Hitlergrüßen auf dem Streifenwagen uvm. Bei so vielen Beteiligten an einem Ort, konnte selbst NRW Innenminister Herbert Reul sein Mantra der Einzelfälle nicht mehr halten, zeigte sich bestürzt und ordnete an, die Verfassungstreue seiner Beamt*innen mittels einer Sonderkommission zu überprüfen. Diese stellte immerhin fest, dass das gruppenbezogen menschenfeindliche Verhalten bestimmter Polizist*innen in ihrem Dienstumfeld wahrnehmbar war, jedoch nicht zu einem Einschreiten des zuständigen Führungspersonals führte. Mittlerweile wurden allerdings viele der anfänglich ausgesprochenen Suspendierungen wieder aufgehoben. Es ist unklar, ob es überhaupt dauerhafte dienstrechtliche Konsequenzen geben wird, von strafrechtlichen Verurteilungen ganz zu schweigen.

Bei soviel rechtem Personal kommt es nicht überraschend, dass gerade die Essener Polizei immer wieder durch rassistische Polizeigewalt heraussticht. Dabei wurden etliche nicht weiße Menschen beleidigt, erniedrigt, verprügelt und teilweise schwer verletzt. Zwei Fälle in den letzten Jahren endeten für die Betroffenen tödlich. Am 27.04.2017 wurde Mikael Haile in seinem Hausflur von Polizist*innen erschossen, die aufgrund einer Ruhestörung gerufen worden waren. Am 18.06.2019 erschoss ein Polizeibeamter Adel B. mit drei Schüssen. Adel hatte im Vorfeld selbst die Polizei gerufen, weil er psychologische Hilfe brauchte. In beiden Fällen berief sich die Polizei später auf eine Notwehrsituation. In Adels Fall behaupteten die Beamt*innen, dieser sei mit einem Messer bewaffnet auf sie zugestürmt. Das Handyvideo eines Nachbarn zeigt allerdings einen anderen Ablauf der Geschehnisse: Der Polizist erschoss Adel B. durch eine Haustür. Der Nachbar erzählt zudem, Polizist*innen hätten das Video von seinem Handy gelöscht. Er konnte es nur aus seiner Cloud wieder herstellen. Trotz dieser Widersprüche und vorherigen Falschaussagen der Polizist*innen blieb die Staatsanwaltschaft bei der Notwehrtheorie und stellte die Verfahren gegen die beteiligten Beamt*innen ein. Auch im Fall Mikael Haile sind noch immer viele Fragen offen. Seit Jahren bemühen sich Menschen aus seinem Umfeld um Aufklärung und scheitern damit immer wieder an den beteiligten Institutionen.

Trotz Auffliegens der rechten Chats in Mülheim und eindeutiger Erkenntnisse gegen weitere Beamte verschiedener Essener Wachen, stellt sich, der für Essen und Mülheim zuständige Polizeipräsident Frank Richter, weiter schützend vor die rechten Strukturen in seiner Direktion, sieht keine eigenen Verfehlungen und bleibt bei der Einzelfalltheorie. Noch im Juni 2020, nach dem Tod von George Floyd, tönte Richter in einem WAZ Interview unter der Überschrift „Rassismusvorwurf ist unerträglich“, dass es in der deutschen Polizei weder Korpsgeist noch systemischen Rassismus gebe. Mit dieser Linie der schlichten Verleugnung gravierender Probleme in seiner Behörde geriet er zuletzt sogar in Konflikt mit dem Innenministerium.

Parallel dazu überziehen die Sicherheitsbehörden jene, die etwa Racial Profiling und gewalttätige Polizeieinsätze kritisieren oder dokumentieren, sowie die Betroffenen von Polizeigewalt selbst, mit Repression. Offenbar will die Polizei die Deutungshoheit über ihre Einsätze behalten und öffentliche Kritik mundtot machen.

Ein weiterer Schwerpunkt der immer repressiveren Innenpolitik ist die Bekämpfung vermeintlicher „Clan-Kriminalität“. Sie hat für einzelne Betroffene drastische Auswirkungen. So kann schon das Tragen des „falschen“ Nachnamens Anlass für eine der massenhaft und schwer bewaffnet durchgeführten Razzien sein. In den betroffenen Stadtvierteln macht sich der Eindruck einer polizeilichen Besatzungspolitik breit. Grundsätzlich trägt die öffentlich wirksame Kriminalisierung ganzer Gewerbezweige, wie zum Beispiel von Shishabars, zu einer Stigmatisierung bei. Ein Zusammenhang mit dem rechten Terroranschlag mit zehn Toten in Hanau 2020, liegt auf der Hand.

Wenn über gezielte Repression gesprochen wird, wollen wir natürlich auch betrachten, wie sich die derzeitige Lage auf fortschrittliche soziale und politische Bewegungen auswirkt. Zusätzlich zu den schon immer umfassenden Kompetenzen der Verfolgungsbehörden, die zuletzt durch die Neufassung des Landespolizeigesetzes 2019 erheblich erweitert wurden, stellte das CDU-geführte Innenministerium kürzlich seine Vorlage für ein neues NRW-Versammlungsgesetz vor. Diese soll nach Willen der Landesregierung noch in diesem Sommer vom Landtag beschlossen werden. Falls das passiert, kommen auf Anmelder*innen und Teilnehmer*innen von Demos in NRW zukünftig diverse zusätzliche restriktive Maßnahmen zu. Das Brokdorf Urteil als liberaler Pfeiler der deutschen Versammlungsgesetze wird weitgehend ausgehebelt. Strafandrohungen bei nicht Beachtung der Regeln verschärft. Aus gutem Grund wird die Vorlage vielerorts bereits als „Versammlungsverhinderungsgesetz“ bezeichnet. Dass dieses Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, sollten wir gemeinsam verhindern.

Das NRW-weite Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression“ gründete sich Anfang 2020 mit dem Ziel, verschiedene Perspektiven auf Polizeigewalt und Repression zu beleuchten, Betroffene und Menschen die politisch am Thema arbeiten zusammenzubringen, und die gemeinsame Kritik am Komplex „Sicherheitspolitik“ öffentlich sichtbar auf die Straße zu bringen. Dazu wollen wir die verantwortlichen Entscheidungsträger*innen benennen und vor Ort mit ihrem Handeln konfrontieren. Als Auftakt wurde deshalb im August 2020 Innenminister Reul in seinem Wohnort Leichlingen in Form einer Kundgebung aufgesucht.

Für die kommende Veranstaltung haben wir uns für Essen entschieden. Gründe für unsere Demo gibt es hier reichlich, zusätzlich werden noch Betroffene und Initiativen zu weiteren Fällen aus NRW zu Wort kommen. Wir starten vor dem Polizeipräsidium und wollen dann gemeinsam zum Willy-Brandt-Platz in die Innenstadt demonstrieren, wo es eine längere Abschlusskundgebung geben wird. Da weder staatliche Repression noch Polizeigewalt während der Pandemie eine Auszeit nehmen und wir im Gegenteil mit teils bislang unbekannten autoritären Maßnahmen konfrontiert sind, halten wir es für notwendig und richtig auch in diesen Zeiten gemeinsam auf die Straße zu gehen. Dabei wollen wir aber natürlich auf ausreichend Abstand achten und empfehlen das Tragen einer Maske. Kommt also zahlreich am:

Samstag, den 05.06.2021 um 13 Uhr zum Polizeipräsidium Essen, Büscherstr. / Ecke Martinstr.

Gegen Nazis! Gegen Rassismus! Gegen Polizeigewalt und Repression! Überall!

weitere Infos und Hintergründe:
forumnrw.noblogs.org

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Heraus zum autonomen 1. Mai in Wuppertal!

Wir brauchen die soziale Revolution!

Lassen wir auch im Jahr 2021 nicht zu, dass unsere kämpferische autonome Tradition von der Staatsmacht zerschlagen wird! Denn auf den alten Kämpfen, die überdauern, können wir die neuen aufbauen!
Vielleicht gibt es zur Zeit wenig positives in unserem Alltag, und, ausgenommen einiger vielfältiger Aufstände, die sich weltweit ausbreiten, wenig positives zu berichten. Wir, die kämpferischen autonomen Zusammenhänge, sind hierzulande zur Zeit doch eher schwach aufgestellt.
Es wird Zeit, das zu ändern!

An alle Menschen aus der Nordstadt: Die tyrannischen Schergen werden auch dieses Jahr wieder den Stadtteil besetzen. Lassen wir uns unseren Stadtteil nicht nehmen! Hängt Transparente raus, geht auf die Strasse, lasst uns gemeinsam kreativ, solidarisch und widerspenstig sein! Treffpunkt ist um 17 Uhr der Schusterplatz in der Wuppertaler Nordstadt!

Wir haben die schwierige Aufgabe, euch einzuladen ohne euch bei allen Aktivtäten eine konkrete Zeit und einen konkreten Ort im Aufruf nennen zu können. Der Grund ist die üble Bullenrepression und deren Dreistigkeit, einen ganzen Stadtteil zu besetzen. Aber mal ganz ehrlich, nur so wird es doch wirklich spannend :)! Wir machen es wie früher, als wir noch Kinder waren und Schnitzeljagden liebten, bei denen es durch Täler und Wälder und über luftige Höhen ging! Also achtet auf alle Hinweise, die kommen und hört euch aktiv um.

Ein Jahr Pandemie…und nu?!
Nicht nur Beobachter:innen des 1. Mai in Wuppertal werden es in den letzten Jahren bemerkt haben:
Die Bewegungspielräume auf der Straße sind bereits eingeengt und es drohen weitere Verschärfungen des Versammlungsgesetzes durch NRW-Innenminister Reul. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz durchgeht. Aber erstens, darf so etwas nicht widerstandslos über die Bühne gehen, und zweitens, müssen wir Strategien, Taktiken und Organisationsformen entwickeln, die uns ermöglichen, weiter widerständig auf der Strasse zu agieren.
Der autonome 1.Mai bietet einen reichhaltigen Erfahrungsschatz, auf dem wir aufbauen können!
Die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts laufen – unsere Perspektive ist klar: Klassenkampf, Sabotage, Aufstand!

In Europa und vor allen Dingen in Deutschland, werden aber Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, um diese trotz monatelangen Lockdowns am Kacken zu halten. Dabei gilt zu beachten, dass die Wirtschaft im Jahr 2020 nach wie vor gewachsen ist. Das wäre aber vermutlich ohne die Scholz’e „Bazooka“ nicht so gewessen. Seine militaristische Anleihe in diesen Zusammenhang ist übrigens kein Zufall: Deutschland hält im durch die Pandemie zugespitzten globalen kapitalitisch-nationalen Konkurrenzkrieg am längsten durch und soll, wenn es nach dem Willen der Herrschenden geht, von der globalen Krise wieder einmal profitieren. Auch ein Teil der Arbeiter*innenklasse wird durch Kurzarbeitergeld im Job gehalten, aber die Zahl der Erwerbslosen steigt und ist (Wer hätte das gedacht?) höher als vor Corona.
Wir Erwerbslose, Jobber:innen und Arbeiter:innen gehören nicht nur zu denen, die aufgrund ihrer sozialen Lage von der Pandemie viel härter betroffen sind (knapper Wohnraum, harte Jobs, bei denen nichts mit Homeoffice oder auch nur Abstand ist, angewiesen auf ÖPNV) – durch diese Benachteiligungen resultieren auch mehr gesundheitliche Probleme und tendenziell eine schlechtere körperliche Grundverfassung. Auch die wirtschaftliche Krisenlast wird jetzt und in Zukunft noch viel stärker auf uns abgewälzt werden. Denn jeder Cent, der jetzt an die Konzerne geht und auch das Kurzarbeiter:innengeld (das von den Abgaben an die Arbeitslosenversicherung bezahlt wird) wird von der Kohle bezahlt, die wir abdrücken müssen, sowie von den Steuern auf Gewinne, die durch unsere Ausbeutung erzielt wurden. Es läuft also schlicht eine gigantische Umverteilung von unten nach oben! Und wer gar keine Kohle (mehr) hat, darf sich mittlerweile noch nicht mal mehr in Ruhe im Park ein Bierchen zischen, wenn es den Bütteln von Polizei und Ordnungsamt nicht passt.

Schauen wir uns die Lage global an, potenziert sich dieses Bild im Weltmaßstab noch um ein vielfaches. 2019 war noch das Jahr der Aufstände und selbst die Pandemie konnte sie nur kurz bremsen. Diese Aufstände werden, wie das sich verschärfende Elend, mit Wucht zurückkehren und die Kämpfe an den Grenzen werden noch heftiger werden!

Es wird in der Pandemie überdeutlich: Die herrschende Klasse dieses durch und durch verkommenen Gesellschaftssystems ist auch in Deutschland zu überhaupt nichts zu gebrauchen!
Völlig skrupellos wird von oben Solidarität mit den Alten geschrien und jede:r, egal ob Eltern oder Jugendliche, der:die sich nicht an jede Verordnung hält, wird durch Bullen und Ordnungsamt schikaniert. Und das, während gleichzeitig die mit Abstand am meisten gefährdete Gruppe von Menschen, nämlich die Alten, in den Pflegeheimen nicht effektiv geschützt werden und Menschen mit Behinderungen schlichtweg vergessen werden. Keinen Cent wollten die Schweine aus den Chefetagen mehr ausgeben! Ab März 2020 wurde nicht versucht, was Jahrzehnte vorher versaut worden war, wenigstens ein wenig abzufangen. Anstatt Krankenhäuser, Pflege und Altenheime besser zu versorgen, also Arbeiter:innen in diesen Bereichen besser zu bezahlen und möglichst viele Menschen mit einer Kurzausbildung dorthin zu holen, um wenistens ein bisschen zu entlasten, wurden die Milliarden Konzernen wie TUI, Lufthansa und der Autoindustrie geschenkt. Bei der logischen Konsequenz, der weiteren Prekarisierung von Pflege und Co zu Lasten der Arbeiter:innen und Patient:innen, ist das Klatschen am Fenster blanker Hohn.
Das Solidaritätsgeschreie ist nichts weiter als billigste Heuchelei!
Auch gut ein Jahr nach dem Ausbruch von Covid-19 hat der Umgang mit der Pandemie durch Politiker:innen und Wirtschaft an Widerwärtigkeit kein Stück verloren. Im Gegenteil, durch Patente an Impfstoffen und eine katastrophale Impfstrategie werden weiter Leben gefährdet, während in Talkshows und Krisenstäben über Ausgangssperren debattiert wird oder diese in einigen Landkreisen bereits durchgesetzt wurden.

Die Schlüsse, die daraus gezogen werden müssen, sind einer großen Anzahl von Menschen sonnenklar! Gesundheit und Pflege (und eigentlich auch alle anderen Dinge), dürfen nicht dem Profitstreben unterworfen werden! Doch obwohl viele Menschen diese Erkenntnis zumindest in diesem Bereich teilen, folgt darauf derzeit nicht einmal eine breite gesellschaftliche Debatte, geschweige denn reale Veränderung. Da hilft nur Eins: Laut werden und kämpfen!

Und genauer hinschauen. Auch die vermeintlich selbstlos caritativen Interessen einiger Sozialverbände sind auf den zweiten Blick nichts weiter als kapitalitisches Profitinteresse zu Lasten der Arbeiter:innen. Die Caritas hat zum Beispiel gerade verhindert, dass ein für die Arbeiter:innen besserer Tarifvertrag durchgeht. Das darf der Caritas nicht vergessen werden!

Die Pandemie ist eine Gefahr für uns alle, doch der Umgang des Staates damit schützt uns nicht vor ihr. Das hat das letzte Jahr nur zu deutlich gezeigt. Auch wir haben nicht die Lösung parat – aber ein wirklich solidarischer Umgang, kollektives Organisieren und das Entwickeln eigener Strategien für jetzt und vor allem für die Zeit nach der Pandemie sind sicher ein Ansatz.

Allgemein zeigt sich in immer mehr Bereichen, dass der weltweite Kapitalismus mehr und mehr an seine Grenzen stößt. Es wird immer deutlicher, dass die derzeitige Gesellschaftsordnung nicht in der Lage ist, irgendein relevantes Problem der Menschheit zu lösen – im Gegenteil, sie erzeugt die Probleme oft. Dies zeigt sich besonders an der sich heftig zuspitzenden Klimakrise. Die Lebensgrundlage vieler Vegetationen und Bewohner*innen des Planeten wird sehenden Auges vor die Wand gefahren. Der von den Grünen versprochene „grüne Kapitalismus“ (den wir vielleicht ab September erleiden müssen) ist dabei genauso abzulehnen, wie Fantasien, die mit einem starken autoritären Staat dagegen halten wollen, um das Klima zu retten.

Wir sehen in den kleinen und etwas großeren Kämpfen an der Klimafrage (besetzte Wälder, Wäldchen und Bäume, Aktionen gegen Braunkohle und viele andere lokale Ökokämpfe) ein kleines Pflänzchen der Hoffnung. Wie wir unseren autonomen Teil dazu beitragen können, es zu hegen und zu pflegen und vor allem schnell zum Wachsen zu bringen, sollten wir möglichst schnell herausfinden! Auch hier lautet die Perspektive für die 20er Jahre: Massen(militante)kämpfe, Besetzungen, Sabotage und Aufstand!

Die erwähnten weltweiten Aufstände sind sehr unterschiedlich und haben lokal sehr unterschiedliche Ausformungen. Spannend ist, dass sie in einer Häufigkeit und Intensität auftreten, die lange nicht mehr dagewesen ist. Wir hier müssen lernen, uns in die Kämpfe zu stürzen, um unsere emanzipatorischen Ansätze möglichst stark mit ins Spiel zu bringen. Klar ist dabei, dass Aufstände, die entstehen, sehr heterogen sind, was die Ziele und deren (soziale und politische) Hintergründe angeht. Aber die Gelbwesten in Frankreich haben bewiesen, dass es lohnend sein kann, sich einzumischen!
Auf weitere Mini-Pflänzchen in Deutschland (Riots in Stuttgart und in Frankfurt) wurde sich von unserer Seite viel zu wenig bezogen. Und noch eine (selbstkritische) Frage beschäftigt uns: Wenn wir Anfang März 2020 weiter kritisch gegen die staatliche Coronapolitik mobilsiert hätten, denn die ersten kritschen Demos kamen von Links (u.a. Flensburg, Berlin und auch Wuppertal), hätten wir es dann jetzt mit einer Massenbewegung von faschistoiden „Querdenker:innen“ zu tun?

Die weltweite Situation ist so offen wie schon lange nicht mehr, auch, wenn es sich in Deutschland anders anfühlen mag. Nicht zuletzt, weil Rassismus (die antirassistische Massenbewegung in den USA weitete sich nach den Tod von George Flyod kurzzeitig weltweit aus) und Patriarchat (jedes Jahr mehr Streiks und mehr Kämpfe von FLINTA*), zwei unabdingbare Säulen dieser unterdrückerischen Gesellschaft, mächtig unter Druck geraten, haben wir es mit einem Erstarken faschistischer Bewegungen zu tun, die ihre Privilegien zu verteidigen suchen. Die Bewegungen der Geflüchteten setzen den brutalen Grenzregimen der reichen Länder des globalen Nordens weiter und weiter zu. Denn der Wille zu leben und der Wunsch nach Freiheit und Glück wird sich auch durch die härteste Gewalt nicht stoppen lassen!

Auch hier kann es passieren, dass unerwartet Kämpfe entstehen, für die es sich zu kämpfen lohnt und es ist gut möglich, dass diese auch für uns diffus und unberechenbar sind. Das sollte uns nicht davon abhalten, unsere Perspektive der sozialen Revolution mit einzubringen, denn es braucht sie dringender als jemals zuvor!

Doch der Frühling ist gekommen und es wird wärmer, und neben diesen kleinen hoffen wir auf weitere Pflänzchen, die wachsen und stärker werden.Die Bullen schreien bereits Alarm, weil die Leute keinen Bock mehr haben, sich den nicht nur autoritären, sondern auch aus Gesundheitschutz oft sinnlosen Maßnahmen, gerade im öffentlichen Raum, zu beugen. Da das Infektionsrisiko draussen viel geringer ist, machen Ausgangssperren besonders wenig Sinn! In diesem Pool aus staatlichen Maßnahmen repräsentieren sie das autoritäre Säbelrasseln besonders deutlich.
Doch gerade die Jugendlichen beginnen, sich zu wehren. In Berlin und Brüssel haben die Bullen schon gut weggekriegt! Das zeigt sich auch daran, dass einige von ihnen so übel gewalttätig wurden, dass andere Bullen sich vorsichtigst von der Gewalt distanzierten (natürlich ohne ihre Kolleg:innen konkret zu benennen). Es gibt die Chance, ultraautoritäre Maßnahmen wie Ausgangssperren diesen Frühling und Sommer zurück zu drängen!

Also alle raus auf die Straße, Plätze und Parks. Wir wollen den Frühling und den Sommer genießen, wollen tanzen, feiern und kämpfen. Jetzt und nicht irgendwann.
Legen wir Gärten und Wälder voller Pflänzchen an. Setzen wir uns zusammen, um Strategien für die großen und kleinen Probleme zu entwickeln.
Finden wir wieder eine Basis, uns trotz Pandemie zu vernetzen, uns auszutauschen und Pläne auszuhecken – versuchen wir, von Resignation und Wut, die wir in uns rein fressen oder über Social Media kundtun, ins Handeln zu kommen.

Wir grüßen alle anderen 1. Mai Demos in Wuppertal, Dortmund, Hamburg, Istanbul, Berlin, Lübeck, Myanmar und anderswo! Halligalli, Bambule, Randale!

Heraus zum autonomen 1. Mai in Wuppertal und überall!
Für die soziale Revolution.

autonomer1mai.noblogs.org

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Ein Jahr Hanau: Rassismus tötet – Gedenkdemonstration am 19. Februar 2021 in Wuppertal

Am 19. Februar jährt sich der rassistische Terroranschlag in Hanau, bei dem der Täter 9 Menschen brutal ermordete.

Wir trauern um und erinnern an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.

Gedenkdemonstration am 19.02.2021 um 17 Uhr, am Geschwister-Scholl-Platz in Barmen.

Hanau war kein Einzelfall. In Halle, in Celle, in Kassel, in Berlin-Neukölln und in vielen weiteren Städten richteten die Rechten schon ihr Unheil an. Die Anzahl der Übergriffe und auch unsere Erfahrungen zeigen, dass Rassismus und Antisemitismus Alltag in Deutschland sind.

Auch in Wuppertal erleben migrantisch gelesene Menschen den alltäglichen Rassismus durch die Behörden. Sei es durch Schikane auf dem Amt oder durch herabwürdigende Polizeikontrollen auf der Straße oder in den Lokalen. Besonders in Wuppertal-Oberbarmen werden die dort lebenden Menschen in ihren Shisha-Bars, Cafés und Treffpunkten in den Medien und Socialmedia-Kanälen regelmäßig als kriminell diffamiert und rassistisch angegriffen. Diese Hetze wird orchestriert durch martialische Razzien wegen angeblicher Clan-Kriminalität durch Polizei und Ordnungsamt. Und es ist auch kein Zufall, dass das Ordnungsamt in Corona-Zeiten besonders gerne Ordnungsgelder gegen migrantisch gelesene Menschen verhängt, während schlechte Arbeitsbedingungen und beengte Wohnverhältnisse aber weiter staatlich geduldet werden.

Woche für Woche hören wir zudem von Waffenlagern und rechten Zellen, die zufällig aufgedeckt werden. Unter den Mitgliedern dieser rechtsextremististischen Banden, sind oft Angehörige der Bundeswehr, Polizei und Sicherheitsbehörden zu finden. Aktuell laufen noch Ermittlungen zu den rechten Zellen in der Polizei in NRW. Dass bisher noch kein rechter Chat oder ähnliches bei der Wuppertaler Polizei aufgeflogen ist, gleicht einem Wunder.

Rechtsextreme treiben auch in Wuppertal ihr Unwesen. Am 19. September 2020 zog beispielsweise in Wuppertal eine 10-köpfige Gruppe durch die Straßen und sprühte Hakenkreuze. Danach griffen sie an der Kluse und auf dem Karlsplatz Personen körperlich an.

Dem rechten Terror wird der Weg nicht nur durch rechte Parteien bereitet, die offen rassistisch auftreten und gegen migrantisch gelesene Menschen hetzen, sondern auch von den konservativ/bürgerlichen Parteien.

Der rassistische Anschlag in Hanau ist ein Ergebnis dieser rechten Hetze und dem Wegschauen der Behörden und Sicherheitsapparate. Es reicht!

Gleichzeitig fängt Rassismus jedoch bei uns allen selbst an. So wie die Anklage und Aufklärung notwendig sind, erinnern uns die Angehörigen aus Hanau auch daran, dass wir uns jeden Tag mit unserem Umfeld und unseren eigenen Worten und Handlungen auseinandersetzen müssen. Wir wollen nicht länger verharmlosen, sondern zuhören und sichtbar machen.

Wir fordern politische Konsequenzen, eine lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit. Täter*innen dürfen nicht schon wieder ignoriert und Opfer und Angehörige alleingelassen werden. Wir stellen uns den Rechten in den Weg und an die Seite der Initiative 19. Februar.

Dem rechten Terror setzen wir unsere vereinte Solidarität entgegen. Lasst uns gemeinsam den Opfern von Hanau gedenken und eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus, Ausbeutung, Hass und Hetze aufbauen!

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#WeNeverForgetOuryJalloh – Initiativen rufen für den 07.01. zu dezentralem Gedenken auf

Aktionen in Gedenken an Oury Jalloh, Laye Alama Condé und anderer Opfer rassistischer Polizeibrutalität

  • 14:00 Uhr | Dessau: In Gedenken an Oury Jalloh – Kundgebung vor dem Hauptbahnhof und Demo zur Polizeiwache Aufruf
  • 14:00 Uhr | Berlin: In Gedenken an Oury Jalloh – Kundgebung vor der Landesvertretung des Landes Sachsen-Anhalt Aufruf
  • 14:00 Uhr | Dortmund: Kundgebung in der Bayrischen Str. 225 in Gedenken an Dominique Kouamadio Aufruf
  • 15:00 Uhr | Dessau: Livestream direkt von der Aktivitäten in Dessau in Gedenken an Oury Jalloh Link zum Livestream https://www.twitch.tv/daswarmord
  • 15:00 Uhr | Dortmund: Kundgebung Deutsche Str. 33 in Gedenken an Ousman Sey Aufruf
  • 15:00 Uhr | Frankfurt am Main: virtuelle Mahnwache in Gedenken an Oury Jalloh am Paulsplatz Aufruf
  • 15:00 Uhr | Köln: Mediale Mahnwache in Gedenken an Oury Jalloh Aufruf
  • 15:30 Uhr | Duisburg: Ausstellung und Kundgebung Forum Duisburg Aufruf
  • 17:00 | Bremen: Kundgebung in Gedenken an Laye Alama Condé an der Friedenskirche (Humboldstr. 175) mehr Info
  • 17:00 Uhr | Essen: Kundgebung am Westerndorfplatz in Gedenken an Adel B und Michael Haile Aufruf
  • 17:00 Uhr | Hamburg: Kundgebung an der Davidwache in St. Pauli in Gedenken an Achidi John, Yaya Jabbie & Tonou Mboda Aufruf
  • 18:00 | Göttingen: Gedenkveranstaltung an der Groher Landstr. 46 Aufruf
  • 19:00 | youtube: Interviews & Liveschaltungen zu den Aktivistinnen der bundesweiten Aktivitäten am 16. Todestag von Oury Jalloh und Laye Alama Condé https://www.youtube.com/watch?v=oT5Bdzs_ez8
  • achtet auf weitere Ankündigungen in euren Städten

KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Schwestern und Brüder,

am 7. Januar 2021 sind 16 Jahre nach dem grausamen Tod von Oury Jalloh vergangen. Er wurde von der Polizei in Dessau unrechtsmäßig inhaftiert, malträtiert, an Händen und Füßen angekettet und in der gefliesten Zelle Nr. 5 der Polizeiwache in Dessau verbrannt. Am gleichen Tag begannen die Lügen und Vertuschungsversuche der Polizei und Staatsanwaltschaft Dessau und ihre angebundenen Organe. Alle Fragen der Familie, Bekannten, Freundinnen und Freunde von Oury Jalloh wurden abgewiesen. Die brennenden Fragen veranlassten uns, organisiert diese öffentlich zu formulieren. Eine bundesweite Bewegung entstand. Um diese zum Schweigen zu bringen, wurden Mitglieder der Gemeinschaften nicht nur in Dessau seitens der Behörden und der Polizei unter Druck gesetzt. Die Lebensgrundlage der afrikanischen Gemeinschaft in Dessau wurde permanent bedroht. Die Gewerbelizenz von Mouctar Bah für sein Tele-Café wurde entzogen, um den Treffpunkt zu schließen. Ferner wurden durch konstruierte Lügen die Bewegung kriminalisiert. Die Partner der Dessauer Polizei, ihre faschistischen Hunde wurden auf einzelne Mitglieder gehetzt. Doch all dies reichte nicht aus, um den Kampf der Gemeinschaften für die Wahrheit aufzuhalten. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh formierte sich und durch die gesamte Republik wurde der grausame und barbarische Mord an Oury Jalloh durch die Parole „Oury Jalloh, das war Mord!“ in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Heute nach knapp 16 Jahren sind wir uns gewiss, dass es Mord war. Beweise wurden von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh durch unabhängige Gutachten vorgelegt. Zudem deckten wir die Morde an Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtermann durch die Dessauer Polizei auf. Hätte der Staat diese konsequent und lückenlos vor dem Tod von Oury Jalloh aufgeklärt, wäre Oury Jalloh vielleicht heute noch unter uns.

Heute nach fast 16 Jahren ist Rassismus mehr denn je ein Thema. Doch weiterhin negieren die Verantwortlichen die offensichtlichen Tatsachen. Fast wöchentlich werden rechte und rassistische Strukturen in Polizei und Bundeswehr aufgedeckt. Doch keiner fragt, was diese Jahrelang gemacht haben. Wir wissen nicht aus Studien, sondern aus unseren persönlichen Erfahrungen, wie Rassismus in den Isolationslager, in Behörden und bei Polizeikontrollen bedeuten. In den öffentlichen Medien wird zwar über die rassistischen Strukturen in der Polizei Essen gesprochen, aber warum werden diese nicht in Verbindung gebracht zu den beiden Opfern rassistischer Polizeibrutalität, zu Mikael Haile und Adels Tod? Warum werden die offensichtlichen Verbindungen zwischen diesen Strukturen und den rassistischen Übergriffen der Polizei in Essen, von denen drei alleine in diesem Jahr in der Öffentlichkeit bekannt wurden, nicht gezogen?

Wir haben in dem Kampf um Gerechtigkeit für Oury Jalloh gelernt, dass wir geschlossen uns einsetzen müssen, damit die Wahrheit weder verleugnet noch begraben wird. Der Kampf um Gerechtigkeit ist vor allem ein Kampf darum, als Zeugen der Verbrechen zusammenzukommen und die Verbrechen sichtbar zu machen. Ob dann die vielen Untersuchungsausschüsse, Gerichtsverfahren, … die Wahrheit anerkennen ist eine andere Sache. Wichtig ist, dass wir uns bewusst sind, dass Veränderung vor allem von uns ausgeht.

Wenn wir also am Todestag von Oury Jalloh zusammenkommen, weil wir dieses Jahr aufgrund der Pandemie nicht gemeinsam nach Dessau anreisen können, dann gedenken wir nicht nur ihm, sondern halten auch seine Hoffnungen und Wünsche lebendig: Seine Wünsche auf ein besseres Leben, seine Fürsorge, für seine zurückgelassene Familie in Guinea zu sorgen, seine Hoffnungen und seine Sehnsucht, seinen ihm weggenommenen Kind in die Arme zu nehmen, aber auch unseren Wut über seine mehrfache Ermordung, in dem Krieg um Diamanten in Sierra Leone, auf dem Meer auf dem Weg nach Europa, in den Isolationslager in Sachsen-Anhalt und schließlich in der Polizeizelle Nr. 5, in uns.

Wenn wir aber gleichzeitig an ihn erinnern, legen wir die Verbindung zwischen seiner Ermordung und den Opfern, die wir überall anders beklagen mussten, offen. Wenn wir rufen „Oury Jalloh, das war Mord!“, machen wir die logische Kette zu den anderen Opfern rassistischer Polizei- oder Staatsbrutalität in Bremen, Dortmund, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Kleve, Remscheid… sichtbar. Wenn wir an den Orten stehen und rufen „Es war Mord!“ verteidigen wir die Wahrheit, die man mit scheinheiligen Studien nicht wegwischen kann, zumindest nicht solange wir solidarisch zusammenstehen und als Zeuginnen auftreten können. Der Aufruf für diesen Gedenktag an Oury Jalloh geht also an allen Initiativen, die sich als Folge rassistischer Polizei- oder Staatsbrutalität gebildet haben. Halten wir am Todestag von Oury Jalloh die Wahrheit hoch und senden unsere Solidarität nach Dessau und an allen anderen Orten. Tragen wir die Namen und die Geschichten der Opfer in die Öffentlichkeit und lassen die Wahrheit hell leuchten, damit sie nicht in den Kerkern der alten reaktionären Strukturen zu Tode gequält wird wie alle Kämpferinnen und Kämpfer der Freiheit und Unabhängigkeit in den Kerkern der Kolonialmächte und ihren Handlangern.

Oury Jalloh ist nicht alleine, solange wir dastehen und die Wahrheit über seinen Mord verbreiten. Und dort, wo wir stehen, mussten andere von uns gehen, weil sie Rassismus praktisch erfahren haben.

Brechen wir solidarisch das Schweigen und verteidigen die Wahrheit Bauen und stärken wir die Gemeinschaften für eine dauerhafte Verteidigung unserer Grundrechte Rassismus kann nie von den Tätern beseitigt werden, sondern von uns, von unten, und zwar nur gemeinsam.

7. Januar 2005 | Bremen | Laye Alama Condé

Am gleichen Tag wie Oury Jalloh, am 7. Januar 2005, stirbt in Bremen auch Laye Alama Condé an den Folgen eines Brechmitteleinsatzes. Die folgenden Gerichtsprozesse ein Farce und Beleidigung für die Gemekinschaften.

14. April 2006 | Dortmund | Dominique Kouamadio

Als Minderjähriger vom Krieg um Rohstoffe in Kongo geflohen, wurde Dominique Kouamadio im Asylprozess aufgerieben, erschossen am 14. April 2006 von der Dortmunder Polizei. Rechtliche Aufarbeitung wurde mehrmals abgewiesen, weil man seiner Schwester das Familienverhältnis und die Verletztheit absprach.

14. Januar 2007 | Remscheid | Mohammed Sillah / SelahMohammad Sillah, Musiker und Songwriter aus Guinea, Flüchtling in Remscheid, gestorben am 14. Januar 2007. Er erhielt nicht die notwendige medizinische Versorgung, ihm wurde der Krankenschein verweigert, weil er abgeschoben werden sollte. Freunde, die sich für die Aufklärung eingesetzt haben, wurden durch Polizeirazzia und Waffen bedroht. Die Stadt Remscheid bedrohte die Freunde mit Klagen vermied aber jede öffentliche oder rechtliche Auseinandersetzung.

19. Mai 2011 | Frankfurt am Main | Christy Omordion Schwundeck In Not bittet Christy Omordion Schwundeck beim Jobcenter Gallus um eine kleine Überbrückungshilfe. Die Polizei wird gerufen. Sie wird dort direkt beim Jobcenter erschossen. Die Fragen der Gemeinschaften werden ignoriert.

7. Juli 2012 | Dortmund | Ousman Sey Notfall. Trotz Herzrasen und Krampfanfälle wird eine Behandlung von Ousman Sey im Krankenhaus verweigert. Als die Schmerzen größer werden und er panisch wird, zerschlägt er ein Fenster. Polizei wird gerufen, auf der Wache stirbt er gefesselt an den Händen.

27. April 2017 | Essen | „Mike“ Michael Haile Aus Eritrea aufgebrochen für ein sicheres Leben ohne Militär starb er in Essen durch die Schüsse der Polizei aus bisher unbekannten Gründen. Familie und Freunde grübeln immer noch, wieso der ruhige und schüchterne Michael Haile erschossen wurde und erhalten bis heute keine plausiblen Antworten.

29. September 2018 | Gelder & Kleve | Amed Ahmad Syriens Gefängnissen und dem blutigen Krieg entflohen. In Geldern Freunde gefunden, jedoch rechtswidrig und „vorsätzlich“ (?) verhaftet. Verbrannte Amed Ahmad nach zwei Monaten unrechtsmäßiger Freiheitsberaubung in der JVA Kleve.

18. Juni 2019 | Essen Altendorf | Adel In einer Notsituation rief Adel um Hilfe. Am 18. Juni in Altendorf ohne Notwehr von der Polizei durch die Haustür im Treppenhaus erschossen. Bis heute verlangen die Familien und Hinterbliebenen nach Aufklärung.

Die Aktivitäten und Aktionen in Gedenken an Oury Jalloh und Laye Alama Condé werden von verschiedensten Gruppen und Initiativen jeweils vor Ort organisiert und beziehen sich alle unter dem Hashtag #WeNeverForgetOuryJalloh zueinander.

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh:

Gemeinsames Gedenken an unseren Bruder Oury Jalloh am 7.1.2021 in Dessau & weiteren Orten

Aufruf zum dezentralen Gedenken im Rahmen der (Corona-)Möglichkeiten

Unser Bruder Oury Jalloh wurde am 07.01.2005 (RIP) von Polizisten auf dem Dessauer Polizeirevier in Gewahrsam bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Durch unabhängige Gutachten und Aufklärungsarbeit der letzten 15 Jahre konnte dies die Initiative mit faktischen Beweisen aufzeigen. Die deutsche Justiz verweigert sich weiterhin aufzuklären und verleumdet, dass Oury sich nicht selbst angezündet haben kann. Nicht zuletzt verkündeten dieses Jahr im August 2020 die Sonderberater des Landtages Sachsen-Anhalts, dass sie weiterhin an der Täterversion der Selbstanzündungsthese festgehalten und unseren Bruder Oury Jalloh weiterhin kriminalisieren. Wir wissen:

OURY JALLOH – DAS WAR MORD!

Und es ist kein Einzelfall! Im Oktober 2018 hat die Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung des Todes von Oury Jalloh zwei weitere Mordfälle in die unabhängigen Untersuchungen mit aufgenommen: Hans-Jürgen Rose (1997 RIP) und Mario Bichtemann (2002 RIP) wurden beide in Polizeiobhut in Dessau zu Tode gefoltert. Deshalb reden wir vom OURY-JALLOH-KOMPLEX.

Am 7. Januar 2021 werden wir wie jedes Jahr unserem Bruder Oury Jalloh in Dessau gedenken. Und auch unserem Bruder Alberto Adriano (2000 RIP), der von Neonazis im Dessauer Stadtparkt zu Tode geprügelt wurde. Sowie Yangjie Li (2016 RIP), die von einem Dessauer Polizisten-sohn und dessen Freundin vergewaltigt und umgebracht wurde.

Wir wollen auch all unseren Geschwistern gedenken, die in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt durch rassistisch motivierte Gewalt von Polizei und Nazis umgebracht worden, von Justiz und Staat entehrt und unterdrückt und von einer schweigenden Masse an Zivilbürger:innen in Deutschland vergessen werden.

Wir werden sie niemals vergessen! Wir werden nicht schweigen! Wir werden weiter kämpfen für Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen!

Wir rufen deutschlandweit und international zu einem dezentralen Gedenken am 07.01.2021 auf, an dem mit lokalen, selbstorganisierten Aktionen – kollektiv oder einzeln – je nach Umständen und Möglichkeiten unter #WeNeverForgetOuryJalloh wir alle gemeinsam unserem ermordeten Bruder Oury Jalloh und unseren Geschwistern gedenken.

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(Anti-)Repression 1. Mai Antifaschismus Antirassismus & Migration Feminismus & Gender & Queer Soziale Kämpfe Termine Wuppertal

Am 27.10. auf die Straße gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen! Gemeinsam den Rassismus in Staat und Gesellschaft bekämpfen.

27.10.2020 | 17:30 Uhr | Landgericht Wuppertal | Demo gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen
Aufruf vom „Bündnis gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen“
Der Auftakt der Demo findet am 27.10 um 17:30 Uhr vor dem Landgericht statt. Von da aus geht es zur Zwischenkundgebung an die Polizeiwache am Hofkamp, über den Neumarkt zur Zwischenkundgebung am Kasinokreisel und dann zum Hauptbahnhof.
Am Dienstag dem 27.10.2020 werden im Landgericht Wuppertal die Urteile gegen zwei Angeklagte in den Verfahren zum Autonomen 1. Mai 2018 gesprochen. War der gesamte Einsatz 2018 bereits ein großangelegter und versammlungsrechtlich unzulässiger Angriff auf linke Strukturen durch die Polizei, treiben Staatsanwaltschaft und Richterschaft das repressive Vorgehen weiter auf die Spitze. Die Betroffenen werden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, obwohl ihre Beteiligung an den vorgeworfenen Taten nicht ansatzweise nachgewiesen werden kann. Wir erleben wie Menschen nur aufgrund ihrer politischen Haltung bestraft werden. Rechtsstaatliche Grundsätze, wie die Unschuldsvermutung, werden mit Füßen getreten. Wir wollen die Verkündung der Urteile zum Anlass nehmen, breite Kritik auf die Straße zu tragen, denn das Problem ist bei Weitem größer, als eine Wuppertaler Polizei, die etwas gegen Linke hat.
In den letzten Wochen gab es fast täglich Berichte über neue Chatgruppen, in denen Mitglieder von Polizei und Verfassungsschutz menschenverachtende Hetze verbreiteten. Es ist völlig absurd, noch von Einzelfällen zu sprechen. Die Polizei hat ein Rassismusproblem.
Auch in Wuppertal erleben wir seit Jahren immer heftigere Übergriffe der Polizei. Besonders migrantische und linke Menschen werden dabei wieder und wieder zu Opfern der brutalen Polizeiwillkür. Allein in den letzten Wochen kam es zu unzähligen Vorfällen.
Beim Parking Day auf dem Laurentiusplatz verhängte die Polizei erst die Auflage, Masken zu tragen und zeigte anschließend Menschen wegen Vermummung an, weil sie zusätzlich noch eine Mütze trugen oder verteilte Bußgelder an Menschen, die die Maske kurzzeitig nicht über Mund und Nase gezogen hatten. Das gleiche Vorgehen war bei einer Demonstration für die Geflüchteten auf Moria am Döppersberg zu beobachten. Bei beiden Aktionen fiel auf, dass vor Allem migrantisch aussehende junge Menschen herausgepickt wurden. Im April schikanierte die Polizei die Teilnehmenden eines Gedenkens für den zuvor in Celle durch einen Rassisten ermordeten Arkan Hussein Khalaf und verhängte Geldstrafen über tausende von Euros, obwohl die Menschen auf Infektionsschutz achteten.
Bei der Wuppertaler „Ayayay – dieses Patriarchat“ Nachttanzdemo zum 8.März kam es auch zu Anzeigen. Diese richten sich zum einen gegen die Anmelderin der Versammlung, die wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angezeigt wurde. Begründung: Am Lautsprecherwagen hing ein linksunten.indymedia-Transparent. Außerdem richtet sich eine Anzeige gegen eine Rednerin, bei der die Polizei behauptet von ihr beleidigt worden zu sein.
Am 1.Mai 2020 kam es zu einem skandalösen Großeinsatz der Polizei in der Wuppertaler Nordstadt, bei dem es reihenweise heftige Anzeigen gegen unschuldige Menschen hagelte. Hier wurde sogar Kleinkindern angedroht, dass ihre Eltern in Gewahrsam und sie in die Notbetreuung kämen.
Ein Dauerthema ist die stetige Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung und ihre Sympathisant:Innen, die vor Kurzem in Hausdurchsuchungen auf Grund von Posts bei Facebook gipfelte.
Das Programm des NRW-Innenministers schlägt in Wuppertal voll durch. Neben politisch aktiven Menschen trifft das auch BewohnerInnen der Stadtviertel. So kommt es im Stadtgebiet immer wieder zu stundenlangen Belagerungen von migrantisch geprägten Vierteln. Hunderte von Cops, die teilweise offen rassistisch Menschen anhand ihrer Hautfarbe oder ihres Aussehens kontrollieren und schikanieren, werden gedeckt und unterstützt von Bund und Ländern.
Die Politik von Reul führt zu mehr Polizeigewalt und die ist tödlich!
Die Angriffe von Polizisten, die tödlich enden, nehmen zu! In Wuppertal-Wichlinghausen wurde am 7. Dezember 2019 der 25-jährige Max von der Polizei erschoßen. Sein Vergehen? Er hatte mit einem Hammer Außenspiegel von parkenden Autos abgeschlagen.
Es reicht! – Warum sind es immer wieder die gleichen Beamten, die auffallen?
Weil in Wuppertal immer wieder bestimmte Beamte durch ihre besondere Brutalität hervortreten, werden wir am 27.10. vor der Wache Hofkamp einen Stopp einlegen, um dort eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen uns namentlich bekannten und besonders in Erinnerung gebliebenen Einsatzleiter zu überreichen.
Außerdem fordern wir eine unabhängige Ermittlungsgruppe zu rechten Netzwerken bei der Wuppertaler Polizei und die Aufklärung all der Fälle von Polizeigewalt und -willkür der letzten Jahre.
Kommt zahlreich, passt auf euch und andere auf. Seid kreativ und laut!
Die Täter*innen in Uniform zur Rechenschaft ziehen!
Polizeigewalt und rechten Strukturen entgegen treten!

Wuppertal, Oktober 2020
Wichtige weitere Termine:
28.10.2020 – Prozesstermin wegen der Anzeigen vom 8.März
9.11.2020 – Gedenkaktion zu den antisemitischen Pogromen von 1938 „Erinnern heißt Handeln!“

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(Anti-)Repression 1. Mai Antifaschismus Antirassismus & Migration Ökologie

Forum gegen Polizeigewalt und Repression – Kundgebung gegen Reuls Sicherheitspolitik am 8.8. in Leichlingen

Kundgebung:
Forum gegen Polizeigewalt und Repression
Samstag, 8. August 2020 ab 13 Uhr
Neuer Stadtpark – Leichlingen (Rheinland)
Forum gegen Polizeigewalt und Repression - 08.08.2020 - 13 Uhr - Neuer Stadtpark - Leichlingen

Forum gegen Polizeigewalt und Repression

am 8.8. laut gegen Reuls Sicherheitspolitik
Leichlingen bei Köln

Mindestens zehn Menschen starben in NRW in den letzten drei Jahren durch Polizeikugeln. In diesen Fällen präsentiert die Polizei fast immer die gleiche Geschichte: Die Beamt*innen seien angegriffen worden und hätten in Notwehr schießen müssen, eine andere Entschärfung der Situation sei nicht möglich gewesen.
So auch im Juni 2019, als der 32-jährige Adel B. in Essen von einem Polizisten erschossen wurde, da er mit einem Messer auf drei Polizist*innen zugestürmt sei. Das Handyvideo eines Nachbarn zeigt allerdings einen anderen Ablauf der Geschehnisse: Die Polizei erschoss Adel B. durch eine Haustür. Der Nachbar erzählt zudem, Polizist*innen hätten das Video von seinem Handy gelöscht, er konnte es nur aus einer Cloud wieder herstellen. Trotz dieser Widersprüche und Falschaussagen der Polizist*innen bleibt die Staatsanwaltschaft bei der Notwehrtheorie und stellte die Verfahren gegen die beteiligten Beamt*innen ein. Die benachbarten Polizeidirektionen ermittelten und Staatsanwaltschaften und Gerichte folgen unkritisch der polizeilichen Darstellung, so dass die tödlichen Schüsse regelmäßig ohne juristische Konsequenzen für Polizist*innen bleiben.
Allein im letzten Jahr gab es weitere vergleichbare Todesfälle: Am 7. Dezember 2019 wurde in Wuppertal ein 25-jähriger von der Polizei erschossen, nachdem er mit einem Hammer Autospiegel abgeschlagen hatte; Anfang Januar 2020 erschoss in Gelsenkirchen ein Polizeianwärter einen Menschen vor einer Polizeiwache.
Und auch in anderen Teilen des Sicherheitsapparates herrscht Corpsgeist statt Aufklärung: Im September 2018 verbrannte Amad A. in seiner Zelle in der JVA Kleve, wo er nach einer Verwechslung fälschlicherweise einsaß. Auf den aus seiner Zelle ausgelösten Notruf reagierten die wachhabenden Justizvollzugsbeamten nicht. Eine Aufklärung der Vorkommnisse lässt auf sich warten.
Polizeigewalt, Rassismus, Racial Profiling, Rechte Polizist*innen, die Liste berechtigter Vorwürfe ist lang, bundesweit und in auch NRW. Endlich gibt es überall wahrnehmbare Proteste, die wir auch direkt vor die Haustür des Innenministers tragen wollen.
Die neue Koalition von CDU und FDP wählte „Sicherheitspolitik“ zum zentralen Thema der Landesregierung. Innenminister Reul profiliert sich der Öffentlichkeit damit als starker Mann, der vorgibt, endlich hart durchzugreifen. Schnell wurde dazu 2018 das neue Polizeigesetz durch den Landtag gebracht, das der Polizei weitreichendere Befugnisse verschafft und diverse rechtsstaatliche Grundlagen außer Kraft setzt. Diese verschärfte „Law and Order“ Politik hat für Betroffene schwerwiegende Folgen und schränkt regelmäßig demokratische Grundrechte ein.
Für politische und soziale Bewegungen bedeuten die Gesetzesverschärfungen zugunsten angeblicher Sicherheit und Ordnung meist vor allem Repression: Aktivist*innen werden eingeschüchtert, kriminalisiert und oftmals nach der Hufeisentheorie als vermeintliche Extremist*innen diffamiert, wie etwa die Klimabewegung im Hambacher Wald und „Ende Gelände“. Für wessen Interessen die NRW-Innenpolitik steht, belegen – nach vielfachem Leugnen des Innenministers Reul – veröffentlichte Akten, über ein Treffen von RWE-Konzern und Innenministerium, auf dem Begründung und Durchführung der Räumung des Hambacher Waldes geplant wurde. Während der Räumung kam es zu einem Todesfall, als ein Videojournalist von einer Brücke zwischen zwei besetzten Bäumen abstürzte.
In Wuppertal trifft die verschärfte Repression Teilnehmer*innen der autonomen 1. Mai Demonstration 2018, die für ihren Versuch, selbstbestimmt zu demonstrieren nach dem reformierten §114 StGB (tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte) zu drakonischen Geld- und teilweise sogar Freiheitsstrafen verurteilt werden.
Und wer seine Solidarität mit dem Kampf der kurdischen Bewegung gegen den „IS“ und für ein freies Rojava zum Ausdruck bringt, muss mit Razzien, Verfahren nach §129b StGB (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland), Versammlungsverboten, und anderen Schikanen wegen vermeintlichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz rechnen, wie beim kurdischen Mezopotamien-Verlag und Musikverlag MIR Multimedia geschehen.
Auch Herbert Reuls Lieblingsthema, die Bekämpfung vermeintlicher „Clan-Kriminalität“ hat für einzelne Betroffene drastische Auswirkungen. So kann schon das Tragen des „falschen“ Nachnamens Anlass für eine der massenhaft durchgeführten Razzien sein, bei denen die Polizei schwerbewaffnet Wohnungen und Geschäfte stürmt. In den betroffenen Stadtvierteln macht sich der Eindruck einer polizeilichen Besatzungspolitik breit. Grundsätzlich trägt die öffentlich wirksame Kriminalisierung ganzer Gewerbezweige, wie zuletzt von Shisha-Bars, zu einer entsprechenden Stigmatisierung bei. Ein Zusammenhang mit dem rechten Terroranschlag mit 10 Toten in zwei Shisha-Bars in Hanau, liegt auf der Hand. Hier als Landesregierung lediglich auf die AfD zu zeigen, soll von der eigenen Verantwortung ablenken.
Neben der Verfolgung vermeintlicher Clan-Kriminalität und der Kriminalisierung linker Bewegungen bagatellisiert Reul rechte Strukturen. Das Posieren für ein Foto bei der Razzia in einer Diskothek in Essen, während zeitgleich Neonazis in Dortmund einen Fackelmarsch abhalten konnten, macht seine Prioritäten deutlich. Auch Bürgerwehren wie in Essen-Steele und Herne bleiben weitgehend unbehelligt. Und selbst wenn, wie jetzt in Hamm, ein Polizist als mutmaßliches Mitglied einer rechten Terrorgruppe enttarnt wird, bleibt Reul der Hufeisentheorie treu und vermeldet, er dulde in der Polizei Extremismus weder von links noch von rechts.
Wir halten es für nötig, uns gegen die immer weitreichendere autoritäre Formierung durch die aktuelle Regierung und die Versicherheitlichung der Gesellschaft zu organisieren. Dazu wollen wir Innenminister Herbert Reul in die Verantwortung nehmen und ihn mit einer angemeldeten Kundgebung an seinem Wohnort mit den Folgen seines Handelns konfrontieren.
Wer eine Politik zu verantworten hat, deren Auswirkungen politische Aktivist*innen mit Gewalt, Repression und Überwachung bis in die privatesten Lebensbereiche überzieht, kann sich nicht in der Anonymität seines Büros im Ministerium verstecken und abends auf den Feierabend berufen.
Wer eine Politik zu verantworten hat, die immer häufiger Menschen durch die ihm unterstellten Institutionen das Leben kostet, muss damit rechnen, jederzeit und überall konfrontiert zu werden.
Deshalb veranstalten wir ein
Forum gegen Polizeigewalt und Repression
Am Samstag, den 8.8.2020, 13-18 Uhr
Ort: Leichlingen (Rheinland)

Wir wollen einen Ort schaffen, um Betroffene und Solidaritätsinitiativen zusammen zu bringen und in einen gemeinsamen Austausch zu treten.

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Forum gegen Polizeigewalt und Repression

Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW
Mit der Koalition von CDU und FDP nach der letzten Landtagswahl 2017 ist das Thema „Sicherheit“ in NRW wieder einmal ins Zentrum der Politik der Landesregierung gerückt. Innenminister Reul präsentiert sich der Öffentlichkeit als starker Law and Order Mann, der vorgibt, endlich hart durchzugreifen und kompromisslos gegen angebliche rechtsfreie Räume vorzugehen.
Für die Betroffenen dieser Politik hat das Handeln der Sicherheitsbehörden oft gravierende bis fatale Auswirkungen. Um diese Folgen öffentlich zu thematisieren und inhaltlich zu verbinden, verschiedene Spektren von Betroffenen miteinander bekannt zu machen und der aggressiven Sicherheitspolitik des NRW Innenministeriums die angemessene Kritik entgegen zu setzen, fand sich Anfang 2020 das Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW“ zusammen.
Mindestens zehn Menschen starben in NRW in den letzten drei Jahren durch Polizeikugeln. Die Opfer und ihre Angehörigen haben kaum eine Lobby. Konsequenzen für die Todesschützen bleiben fast immer aus. Einsätze mit Todesfolge stellen aber nur die Spitze des Eisbergs beim Thema Polizeigewalt dar. Auch wenn die Folgen nicht gleich tödlich sind, gehört Polizeigewalt vielerorts zum Alltag bei Polizeieinsätzen, selbst dann, wenn die ursprünglichen Gründe dieser Einsätze oft banal sind. Auffallend hierbei ist, dass sich Berichte, Vorwürfe und Anzeichen häufen, die ausgeübte Polizeigewalt sei rassistisch motiviert. Parallel mehren sich Enthüllungen von rechten Strukturen, auch in der Polizei NRW. Eine durch Korpsgeist und halbherzig arbeitende Ermittlungsbehörden geförderte Sicherheit der Straffreiheit für die Täter*innen bereiten zusätzlich den Boden für diese brisante Mischung. Die Beteuerungen Herbert Reuls wirken wenig glaubwürdig, wenn er in diesem Zusammenhang feststellt, er dulde in der Polizei Extremismus weder von links noch von rechts. Im Gegenteil, bleibt er auch hier der Hufeisentheorie treu und nennt sogar die Gefahr durch „Linksextremisten“ in der Polizei zuerst, als würde diese ein akutes Problem darstellen. In der Praxis trägt er aber beispielsweise mit seiner Fokussierung auf die „Bekämpfung der Clan Kriminalität“ zur Stigmatisierung bestimmter Migrant*innen und zur sozialen Spaltung der Gesellschaft bei.
Die genannte Hufeisentheorie zum „Extremismus“ findet natürlich auch Anwendung bei der Repression gegen politische und soziale Bewegungen. Auch in diesem Bereich hat die Landesregierung u.a. mit der Durchsetzung des neuen Polizeigesetzes den Druck erhöht und setzt ihre neuen Befugnisse teilweise rigoros durch. Unterstützt wird sie dabei vielfach von Gerichten, die die neuen Paragrafen in aller Härte anwenden.
Durch die aktuelle Situation, unter Einfluss des Covid-19 Virus, wurde die Überwachung des öffentlichen und teilweise auch des privaten Raums weiter verschärft. Dies zeigte sich beispielsweise Ende April bei einem Fall in Essen, der überregional Schlagzeilen machte. Dort stürmte die Polizei aufgrund der falschen Vermutung eines Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnungen eine Wohnung und verletzte diverse Mitglieder einer migrantischen Familie brutal.
Es wird sich zeigen müssen, inwieweit die Ordnungsbehörden bereit sind, nach einer Eindämmung der Pandemie von ihren neu erhaltenen Aufträgen und Befugnissen wieder abzurücken, oder ob sie auch weiterhin das öffentliche und private Leben in Parks und auf Plätzen überwachen und kontrollieren und damit immer weiter in das soziale Leben einzudringen.
Auch für uns als Bündnis brachte der Ausbruch der Corona-Pandemie unerwartete und schwierigere Rahmenbedingungen. Gestartet mit dem Ziel, die genannten Themen zu skandalisieren, sowie zusammen zu kommen, uns auszutauschen und die Verantwortlichen der verfehlten Politik mit ihrem Handeln zu konfrontieren, verlagerte sich die gemeinsame Arbeit in den letzten Wochen in den digitalen Bereich. In der Folge haben wir eine Sammlung einzelner Fälle und der teils fatalen Auswirkungen von Polizeigewalt und Repression begonnen, die wir auf diesem Blog zusammentragen und veröffentlichen.
Es bleibt aber unser Ziel, unserer Kritik auch draußen auf der Straße Nachdruck zu verleihen, und wir werden damit beginnen, sobald dies in einem sinnvollen Rahmen wieder möglich ist. Achtet also in den kommenden Wochen und Monaten auf Ankündigungen, beteiligt euch an Aktionen, dokumentiert Polizeigewalt, wenn ihr sie beobachtet und unterstützt die Betroffenen.
Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW im Juni 2020
forumnrw.noblogs.org/

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Gerechtigkeit für Adel – Er ist kein Einzelfall / Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt in Essen

Gerechtigkeit für Adel - Er ist kein Einzelfall / Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt in Essen
Die Ermordung von George Floyd hat der Welt aufgezeigt wie grausam rassistische Polizeigewalt sein kann. Zurecht gehen die Menschen jetzt auf die Straße und kämpfen für ihre Rechte. So auch wir, denn rassistische Polizeigewalt gibt es nicht nur in den USA. Auch in Essen häufen sich die Fälle von Polizeiübergriffen, insbesondere gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Durch die Corona-Pandemie mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet und bestärkt von der nicht vorhandenen Aufarbeitung von Polizeiübergriffen und der politischen Rückendeckung, nehmen die Schikanen, willkürlichen Polizeikontrollen und physischen Angriffe insbesondere in den Essener Arbeiterstadtteilen zu. Auch die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) und Ordnungsamt beteiligen sich in zunehmend an diesem ganz alltäglichen Terror. Inzwischen ist es traurige Realität, dass durch die Hand der Polizei Menschen mit Migrationshintergrund in dieser Stadt getötet werden.
Der Fall Adel B.
So auch letztes Jahr am 18. Juni. An diesem Tag wurde Adel B. von der Polizei durch die geschlossene Tür seines Hausflures erschossen. Zuvor hatte Adel sich an den Notruf gewandt und, mit dem Ziel psychologische Hilfe zu erhalten, gedroht, sich umzubringen. Adel hatte bereits in der Woche zuvor beim Notruf angerufen, damals wurde ein Seelsorger geschickt, und Adel hat sich in psychiatrische Behandlung begeben. Aus dieser wurde er auf Bescheid des Richters wieder entlassen. Am Tag von Adels Tod wurde dann von der Notrufzentrale nicht erneut ein Seelsorger mitgeschickt, sondern lediglich Beamte der Essener Polizei, die Adel mit gezogener Waffe konfrontierten. Obwohl Adel mit ihnen diskutierte, zwischenzeitlich das Messer beiseite legte und sich am Ende auf den Weg nach Hause machte, wurde er letztendlich von der Polizei erschossen. Im Nachhinein wurde behauptet, Adel hätte die Polizisten mit einem Messer angegriffen. Videos, die zu dem Vorfall auftauchten, widerlegen die Lügen der Polizei.
Der Fall Maikel Haile
Auch der aus Eritrea stammende Mikael Haile wurde 2017 in Essen von der Polizei erschossen. Die Polizei behauptete damals, aus Notwehr gehandelt zu haben, da Mikael sie angebliche mit einem Messer angegriffen haben soll. Dafür gibt es keine Beweise. Seit Anfang diesen Jahres haben Polizeiübergriffe in Essen noch weiter zugenommen: Der bekannteste Fall ist der der Familie Ayoub. Hier erschien die Polizei wegen einer angeblichen Ruhestörung. Unter diesem Vorwand wollten zwei Polizisten in das Haus der Familie Ayoub eindringen. Als Omar Ayoub sein Recht einforderte und einen Durchsuchungsbeschluss sehen wollte, wurden er und seine Familie von den Polizisten beleidigt und körperlich angegriffen. Im Nachhinein wird der Familie eine Verbindung zur organisierten Kriminalität angedichtet. Mit den Lügen soll erreicht werden, dass es keine Solidarisierung mit der Famile Ayoub gibt. Dieser und andere Fälle, wie der von Ridvan Saado im Februar, welcher im Polizeirevier Altenessen zusammengeschlagen wurde, oder der Angriff auf eine Familie aus Mülheim, die von der Polizei im März durch die ganze Stadt gehetzt wurde, nach dem sie eine Anzeige in einer Wache aufgeben wollten zeigen, dass rassistisch motivierte Polizeiübergriffe in Essen kein Ausnahmefall sondern System sind.
Rassismus und Polizeigewalt hat System
Wenn Betroffene ihrer Wut auf dieses rassistische Vorgehen Luft machen und das Verhalten der Polizei entlarven, hagelt es Lügen von der Polizei, Verleumdungen von der Presse und Verfahren von der Staatsanwaltschaft. Auf der anderen Seite verlaufen die „Ermittlungen“ gegen Polizeibeamte immer wieder im Sand und werden ganz systematisch unter den Teppich gekehrt, wie der Fall von Oury Jalloh es gezeigt hat. Mit so einer Rückendeckung können Polizisten ungehindert Menschen schlagen oder auch erschießen. Eine Strafe müssen sie nicht befürchten. Ganze Stadtteile wie Altendorf wurden zu Gefahrengebieten erklärt, dass bedeutet unter anderem „anlasslose“ oder „verdachtsunabhängige“ Personenkontrollen. Ziel der Kontrollen sind junge Menschen mit Migrationshintergrund. Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung wird der Polizei erlaubt migrantische Teile der Bevölkerung einzuschüchtern und öffentlich wie medial zu kriminalisieren, allen voran die „WAZ“.
Das alles ist notwendiger Teil des Imperialismus. Wir sollen in „Deutsche“ und „Migranten“ unterschiedlicher Herkunftsländer gespalten werden, damit wir uns gegenseitig statt die bestehenden Verhältnisse bekämpfen. So dient der Rassismus in diesem Land als Vorwand einen großen Teil der arbeitenden Menschen stärkerer Ausbeutung und Unterdrückung auszusetzen und ebnet den Weg für Angriffskriege überall auf der Welt. Für uns muss eins klar sein: Wir dürfen dieses Spiel nicht mitspielen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Es liegt an uns für Veränderung zu sorgen
Wir wollen uns die Schikane nicht mehr gefallen lassen. Immer wieder werden Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen und kriminalisiert. Es trifft uns, unsere Nachbarn, Arbeitskollegen, Freunde und Verwandte. Deshalb rufen wir zu einer Demonstration auf. Wir wollen unsere Wut gemeinsam mit euch auf die Straße tragen. Niemand steht allein. Gerechtigkeit für Adel und alle Opfer von Polizeigewalt!

Kommt zur Demonstration, berichtet über die Übergriffe die ihr erlebt und mobilisiert mit!
Schickt uns Videos in denen ihr von euren Erlebnissen mit Polizeigewalt berichtet.

Ehrenzeller Platz Essen-Altendorf
20.06.2020 15:00 Uhr

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(Anti-)Repression 1. Mai Anti-Knast Antifaschismus Antikapitalismus & Globalisierung Antirassismus & Migration Autonome Politik Corona Feminismus & Gender & Queer Ökologie Recht auf Stadt Soziale Kämpfe Technologie Weltweit Wuppertal

Heraus zum autonomen 1. Mai 2020 in Wuppertal!


Wir rufen trotz, nein, gerade wegen der Corona-Pandemie zu einem erst recht widerständigen und autonomen 1. Mai auf. Der massive Angriff auf Grundrechte, die drastische Zuspitzung der autoritären Formierung zu einem Polizeistaat (denn was sonst ist ein Staat, in dem die Polizei bestimmt, wer sich wie, wann und wo mit wem treffen darf?), die aufziehende Weltwirtschaftskrise, deren Folgen natürlich auf die Rücken der Prolet_innen, der Prekären, der Ausgestoßenen und Unterdrückten abgewälzt werden soll, schreien nach offensiven Antworten.
Und diese Antworten müssen wir möglichst schnell finden! Die vergleichbare Gemütlichkeit, mit der wir in der Zeit vor Corona agieren konnten, ist jetzt vorbei. Alle Menschen, die das Ziel einer für alle besseren, gerechten und freien Welt nicht einfach stillschweigend begraben wollen, müssen jetzt leider viel mehr Risiko eingehen, als es noch vor kurzem der Fall war und schwerer noch, müssen wir viel mehr Mitstreiter_innen finden, als wir sie bisher hatten!
Unter diesen Umständen wollen wir diesen 1. Mai dafür nutzen, neue (oder alte auffrischende) Erfahrungen mit klandestinem (verdecktem, subversivem) Handeln zu sammeln. Es wird eine große Herausforderung, dem Bullenapparat ein Schnippchen zu schlagen und gleichzeitig viele Menschen mit unseren Ideen und Diskussionsbeiträgen zu erreichen.
Dafür brauchen wir Geschick, Organisation, Entschlossenheit, viel Witz und ein klein bisschen Glück.
Unser Vorschlag geht so: Kommt am 1. Mai in Wuppertal auf die Straße! Organisiert euch in Bezugsgruppen, seid aktionsbereit, in der Lage euch unauffällig zu bewegen und möglichst mobil dabei. Wenn ihr keine Infos zu organisierten Aktionen habt, wartet nicht auf diese, sondern handelt autonom! Wir fordern auch explizit Menschen und Zusammenhänge aus anderen Städten auf, die Reise nach Wuppertal zu wagen!
Es wird organisierte Aktionen geben! Haltet unbedingt Augen und Ohren offen, um an die entsprechenden Infos zu kommen. Seid flexibel und denkt mit. Das letzte Jahr hat gezeigt, dass wir die Bullen auf dem falschen Fuß erwischen können! Was folgt, ist also Streich zwei unter erschwerten Bedingungen. Der 1. Mai kann nicht konsumiert werden – ob das Vorhaben gelingt, hängt von uns allen ab!
Treffpunkt ist wie jedes Jahr, das Autonome Zentrum um 14 Uhr. Ihr seid schlau, ihr wisst Bescheid!
Was jedoch in diesem Jahr aller Voraussicht nach nicht wie in üblicher Form stattfindet, ist das Straßenfest nach der Demonstration auf dem Schusterplatz.

Ja – die Zeiten schreien nach Revolution! Und das nicht erst seit Corona. Wo wir hinschauen, Klimakrise oder Kriege und weltweite Bewegungen von Flüchtenden, die über den Planeten ziehen. Nicht zu vergessen, die brutale Ausbeutung. Überall Verhältnisse auf die sich keine, auch nur ansatzweise menschliche Lösung in den herrschenden kapitalistischen Zuständen andeutet. Aber „Lösungen“ an sich haben die Herrschenden genug, die eine ist fieser und brutaler als die andere.
Die Corona-Pandemie verschärft diese Verhältnisse! Die tiefe Menschenverachtung, die aus dem Umgang der Europäischen Union mit den in Lager gepferchten Menschen auf den griechischen Inseln hervorgeht, spricht Bände. Während für deutsche und europäische Urlauber_innen Luftbrücken geschaffen werden, oder Menschen aus Osteuropa unter miesester Bezahlung, hygienisch untragbaren Bedingungen und somit bewusster Inkaufnahme von Infektionen zur Spargelernte eingeflogen werden, werden die ohnehin schon katastrophalen Zustände zugespitzt. Wenn die Bundesregierung sich dann äußert, ganze 50 Jugendliche aus den Lagern nach Deutschland zu holen, ist das reinster Zynismus und an Widerwärtigkeit kaum zu überbieten. Wie der kapitalistische Markt funktioniert ist nicht neu und dennoch erzeugt es bei uns ein unfassbares Gefühl von Wut, Trauer und Hilflosigkeit. Der Tod und das Leid tausender Menschen wird zugelassen und bewusst erzeugt, weil diese nicht verwertbar sind.
Zwei Monate sind seit den rassistischen Anschlägen in Hanau vergangen und in der Flut der Corona-Nachrichten droht die Aufmerksamkeit und das Gedenken an die Opfer (nicht nur in den Medien) zu verschwinden. Für die betroffenen Menschen in Hanau sind aber die Trauer, Angst und Wut nicht verschwunden. Die Angst bleibt, dass sich eine solche Tat wiederholen könnte, dass einfach wieder zur Tagesordnung übergegangen wird, dass vergessen wird. #SayTheirNames – In Erinnerung an:
Ferhat Unvar
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Said Nesar Hashemi
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Kalojan Velkov
Vili Viorel Păun
Fatih Saraçoğlu
Während in den letzten Wochen und Monaten Politiker_innen Migration erneut zum Problem erklären, anstatt den Rassismus in den eigenen Institutionen zu bekämpfen, schaffen sie einen Nährboden für rechte Gewalt und für weitere rassistische Taten. So wurde am 7. April der 15-jährige Êzîde Arkan Hussein Khalaf in Celle brutal ermordet. Aus seiner Heimat, dem Şengal im Nordirak, flüchtete er mit seiner Familie 2014 nach dem Völkermord an den Êzîd_innen durch den selbsternannten „Islamischen Staat“ (IS). Wie viele Andere suchte er hier Schutz vor Gewalt und Verfolgung und wurde dennoch am 7. April von einem Deutschen erstochen. Die Tat erinnert an weitere Morde an Menschen mit migrantischem Hintergrund. Genau deshalb muss in dieser Situation über Rassismus als eine Motivation für diese tödliche Gewalt gesprochen werden.
Wir werden weiter genau hinsehen und gegen jeden Rassismus und Faschismus im Alltag, auf der Straße, in den Institutionen und in der Politik sowie Gesellschaft kämpfen. Wir gedenken allen Opfern rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland und weltweit.
Die autoritäre Formierung zeigt sich aktuell auch in ganzer Deutlichkeit. In Wuppertal kennen wir den Polizeistaat zunehmend, seit Polizeipräsident Röhrl seinen Feldzug gegen die Autonomen, gegen Migrant_innen, gegen alle die ihm nicht passen begonnen hat. Ständige Kontrollen unter Missachtung jeglicher Privatsphäre, Razzien unter dem Label „Bekämpfung der Clankriminalität“, Kriminalisierung ganzer Gruppen sind alltäglich geworden. Die Geschichten sind nicht neu und werden immer weiter geschrieben. Doch besser werden sie nicht. Die Coronasituation wirkt da wie die Legitimation aus dem Krimi einen Thriller zu machen, neue Charaktere einzufügen und die Spannungen zu steigern. Die Geschichte des autoritären Staates, des unerbärmlichen Kapitalismus und der ständigen Überwachung ist die Gruselgeschichte, die uns aus diversen Gründen nachts nicht schlafen lässt. Selbst das den Demokrat_innen sonst so wichtige Grundgesetz wird mit einer Leichtigkeit ausgehebelt. Die Polizei und deren Recht&Ordnung-liebende Begleiterscheinung das Ordnungsamt, dürfen sich nun noch willkürlicher als ohnehin schon, als exekutive Aufseher_innen der Nation aufführen und fleißig „Anzeigen gegen das Infektionsschutzgesetz“ verteilen. Da wird so mancher Beamt_innentraum wahr…
Auch die geplante Überwachung mittels einer Corona-App oder das Weitergeben von Infiziertenlisten durch Gesundheitsbehörden an die Polizei lässt jegliche Persönlichkeitsrechte unter dem Deckmantel des gemeinsamen Infektionsschutzes verschwinden. Diese nicht neue, aber rasant gewachsene Entwicklung ist gefährlich. Denn wenn die Daten einmal gesammelt sind, ist die Verlockung groß diese auch zu nutzen – nicht nur für den Zweck des vermeintlichen Infektionsschutzes. Wenn Gesetze einmal beschlossen sind, Daten erhoben und Befugnisse erteilt, ist es manchmal kompliziert dieses wieder rückgängig zu machen. Das Akzeptieren dieser autoritären Maßnahmen bietet den Nährboden für weitere Verschärfungen. Eine Begründung dafür wird der Staat immer finden – nur werden wir diese nicht hinnehmen!
Die Pandemie, die jetzt alle verrückt macht und die ja tatsächlich noch unzählige Menschenleben kosten wird, wäre übrigens längst nicht so eine Katastrophe, gäbe es eine weltweite solidarische Gesundheitsversorgung. Auch in Deutschland, wo es wieder Mal im Vergleich noch gut aussieht, wurde das Gesundheitssystem in den letzten Jahrzehnten von Gesundheitskonzernen wie u.a. Helios, Asklepios, Sana und Agaplesion ausgepresst. Bezahlen müssen das die Patient_innen und das massiv ausgebeutete Pflegepersonal, welches von den Milliarden, die die Konzerne vom Staat bekommen, mal wieder nichts sehen soll. Die Ausbeutung trifft neben dem Pflege- und Medizinpersonal auch andere Berufe, die „das System am Laufen halten“ – Einzelhandelsmitarbeiter_innen, Zusteller_innen, Logistik, soziale Berufe… Anstelle von Lohnerhöhungen und Unterstützung gibt es Lob durch Politiker_innen, Applaus am Fenster, die Ode an die Freude und die allgemeine Übereinstimmung, für den Klassenerhalt unerlässlich zu sein – gemeinsam schaffen „wir“ das. Tja, wer braucht da wohl noch mehr Lohn?
Auch sind unsere Gedanken bei den Menschen, die ohnehin schon unter massivsten Freiheitseinschränkungen leiden. In den Knästen sind die Maßnahmen noch einmal härter als sonst und das (Über-)Leben der Eingeknasteten hängt besonders in dieser Situation an der Willkür des Systems. Schutzmaßnahmen, wie Abstand zu anderen oder Hygienestandards, wie Desinfektion werden nicht eingehalten oder die Menschen werden noch mehr als sonst isoliert. Nicht verwunderlich, richtig und auch notwendig, dass es im Zusammenhang mit der Pandemie in verschiedenen Staaten zu Ausbrüchen und Revolten gegen das Knastsystem kam, teilweise mit Schwerverletzten und Getöteten, teilweise mit erfolgreicher Fluchtgeschichte. Hier möchten wir die Revolten in dem Frauenknast in Thiva, nach dem Corona-Tod einer Gefangenen die keine medizinische Hilfe bekam, den Aufstand im Abschiebeknast Gradisca D`Isonzo nachdem Gefangene in Hungerstreik getreten waren oder den Ausbruch von 1350 Gefangenen während Riots in brasilianischen Knästen an nur einem Tag erwähnen. Ebenso in Spanien, Portugal und sonstwo auf der Welt lassen sich dieser Tage die Geschichten von Aufständen, Ausbrüchen und Hungerstreiks in den Gefängnissen erzählen.
Aber auch durch die repressiven Maßnahmen und die allgegenwärtigen Kontrollen „draußen“ werden Opfer gefordert. Im französischen Béziers nahm die Stadtpolizei am 9. April Mohamed Gabsi gewaltsam fest, da sich der 33-jährige ohne festen Wohnsitz nach der verhängten Sperrstunde auf der Straße aufhielt. Bewusstlos wird der Vater von drei Kindern in einem Polizeiwagen zum Polizeirevier verschleppt, wo er leblos aufgefunden wird. Im Stadtteil Anderlecht in der belgischen Hauptstadt Brüssel kam es am 11.04. zu Riots, nachdem der 19-jährige Jugendliche Adil starb als er vor einer Polizeikontrolle im Rahmen der Ausgangssperren fliehen wollte und von einem Polizeiauto angefahren wurde. Die ganze Nacht über flogen Steine, Bullenkarren brannten und die Cops wurden angegriffen. Die Wut über den Tod des Jugendlichen entflammte in dieser Nacht und traf die Staatsmacht. Auch im chinesischen Wuhan kam es zu einem Aufstand, nachdem die Bewohner_innen daran gehindert wurden ihre Region zu verlassen. Die Menschen dort griffen ebenfalls die Cops an, um sich gegen diese repressive Einschränkung ihres Lebens zu wehren, genau wie in Kapstadt oder im englischen Bristol, wo die Cops nach Verkündung der Ausgangssperre Jugendliche belästigten und als Antwort Steine und Flaschen bekamen. To be continued…
Auch das #stayhome-Privileg soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Zuhause bleiben kann nur, wer ein sicheres oder überhaupt ein Zuhause hat. Anstatt Menschen ohne Unterbringung zu versorgen, werden sie kriminalisiert, wenn sie sich an ihren Plätzen aufhalten, weil sie gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen würden. Auch steigt die Gewalt im häuslichen Umfeld durch die akute Situation – keine Möglichkeit, sich woanders (Freund_innen, Cafés, etc.) aufzuhalten, unbestimmte Zukunft, finanzielle Unsicherheit durch beispielsweise Jobverlust oder Kurzarbeit. Auch die sozialen Folgen der akuten Lebensumstände müssen thematisiert werden. Neben den fehlenden zwischenmenschlichen Kontakten gehört die Abstraktion menschlicher Kontakte durch Videochats und Messenger zu den Dingen, die uns Sorgen bereiten.
So bleibt eines eindeutig: Wer sowieso schon unterdrückt, ausgebeutet, erkrankt, abgehängt und isoliert ist, den_die trifft die akute Situation und die Folgen der Pandemie enorm.
Wenn die Wirtschaft über den Menschen steht, Arbeiter_innen ihre Gesundheit riskieren müssen, notwendige Schutzmaßnahmen, wie das zur Verfügung stellen von ausreichendem Schutzmaterial nicht getroffen werden, dafür aber das Sitzen auf einer Bank zur Straftat wird, zeigt sich noch einmal in aller Deutlichkeit, warum wir dieses System, welches uns krank macht, uns ausbeutet und uns zwingt, den Profit über unser Wohlergehen zu stellen, so sehr verachten.
Doch gibt es neben der ganzen Gesamtscheiße, die sich momentan wieder in ihrem vollen Glanz präsentiert, auch Dinge, die uns erfreuen. So gab es in diesem Jahr rund um den 8. März wieder viele gute Aktionen. In Wuppertal hat die anarcha-queer*feministische Nachttanzdemo erfolgreich, laut und kämpferisch, aber nicht ohne Polizeirepression stattgefunden. In anderen deutschen Städten und weltweit sind millionen FLINT* auf die Straße gegangen und haben demonstriert oder sich zu anderen Aktionsformen entschieden, um ihre Wut gegen die patriarchalen Verhältnisse zum Ausdruck zu bringen. An dieser Stelle grüßen wir das anarcha-queerfeministische Hausprojekt Liebig34 in Berlin, die am 30.04. ihren Gerichtstermin zur Räumungsklage haben.
Wir sind uns sicher, dass die nächsten Jahre hart werden. Wann das Pandemie-Regime endet, ist unklar und es ist sicher, dass es in ein Wirtschaftskrisenmanagement-Regime übergeht. Auch über andere Langzeitfolgen und deren Ausmaße können wir nur spekulieren. Aber was uns in den letzten Wochen wirklich Mut gemacht hat, sind die beginnenden weltweiten Aufstände. Und auch quer durch die Republik gab es zunehmend mehr Demonstrationen, Kundgebungen und sogar militante Aktionen. Dass es doch einige Menschen gibt, die sich von den verschärften Bedingungen nicht lähmen lassen, gibt uns Hoffnung und wir werden viel, viel Kraft benötigen. Die Krise ist da und mit ihr endet die Welt, wie wir sie kannten und ein neues Kapitel wird aufgeschlagen. Daran wird niemand etwas ändern können. Doch dabei, wer die Krise bezahlt und wie dieses neue Kapitel aussehen soll, wollen wir – verdammte Scheiße! – ein Wörtchen mitreden!
Shut down capitalism – Für die soziale Revolution!
Wir grüßen die 1.Mai-(Vorabend-)Demos und Aktionen in Hamburg, Leipzig, Berlin, London, Basel, Hannover, Paris, Nürnberg, Greifswald, Köln, Bern und alle Menschen auf der Welt, die nicht nur am 1. Mai und trotz Ausnahmezustand auf die Straße gehen! Und natürlich alle Menschen, die sich in Hamburg, Erfurt und sonstwo den Nazis und Rechtspopulist_innen entgegen stellen!
autonomer1mai.noblogs.org/

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(Anti-)Repression 1. Mai Antirassismus & Migration Corona Soziale Kämpfe Termine Wuppertal

Statement und Aktionsaufruf zur ursprünglich geplanten Antirepressions-Demonstration am 4.April

Mit einer lautstarken Demonstration Stress gegen die voranschreitende autoritäre Formierung der Gesellschaft zu machen, das war unser Plan für den 4.April. Insbesondere geht es uns darum, auf die krasse Repression gegen 25 mutmaßliche autonome 1.Mai-Demonstrant*innen aufmerksam zu machen und die betroffenen Leute nicht alleine zu lassen. Doch jetzt wird immer deutlicher, dass die derzeitige Situtaion um den neuartigen Corana-Virus (COVID-19) ein größeres Zusammenkommen aktuell nicht ratsam erscheinen lässt. Zudem ist es in NRW seit dem 17.März untersagt, öffentliche Veranstaltungen abzuhalten. Auf diese behördliche Anweisung würden wir selbstverständlich noch scheissen, auch wenn das eine Anmeldung unmöglich macht. Wir halten es aber für gut möglich, dass es zu diesem Zeitpunkt wichtig ist, nicht mit vielen Leuten zusammen zu kommen, um die schnelle Ausbreitung des Virus zu behindern. Denoch muss klar sein, dass die derzeitige Situation sehr gut für das Verschärfen der autoritären Formierung sorgen kann. Die autoritäre Politik a la Reul und Röhrl kann sich nichts schöneres vorstellen, als die diversen Einschränkungen der Bevölkerung. Und diese nimmt sie ohne Widerstand hin, da der Virus sich ja nicht ausbreiten darf. Wie sich die Situation entwickeln wird, ist bis jetzt noch sehr unklar. Ob die Autoritären aller Couleur weiter punkten können, werden wir sehen. Welcher Widerstand dagegen organisiert werden kann, auch. In Anbetracht dessen, dass uns die Situation deutlich länger als ein paar Wochen beschäftigen wird, wird es nicht reichen, als autonome, emanzipatorische, linke und linksradikale Bewegung die Solidarität mit Nachbar*innen zu suchen. Das ist so selbstverständlich, wie notwendig.
Wenn wir u.a. nach Italien, Spanien, Frankreich, Belgien und Österreich blicken, sehen wir was uns hier auch schon bald blühen wird. Die Polizei übernimmt die völlige Kontrolle über das öffentliche Leben (in Österreich dürfen bereits nicht mehr als 5 Personen auf der Strasse zusammenkommen und die Miliz des Bundesheeres soll die Polizei unterstützen), die Bundeswehr könnte  massiv im Innern (bereits angekündigt sind u.a. im Sanitätsdienst und in den Bereichen Materialbeschaffung, Logistik sowie in Einzelfällen auch für polizeiliche Aufgaben, etwa die Bewachung kritischer Infrastruktur wie z.B. der Schutz eines Wasserwerks oder ähnlicher Einrichtungen, wenn dort der private Wachdienst ausfällt) eingesetzt werden, es drohen in Kürze auch hier Ausgangssperren. Eine Militarisierung der Städte und vieles weiteres ist in den nächten Wochen und Monaten an schlimmen Dingen möglich. Und dagegen müssen wir irgendwie Widerstand organisieren!
Wir rufen deshalb und weil die Gerichtsverfahren ja auch weiter laufen, dazu auf, sich um den 4.April in kleinen(!) Gruppen zu organisieren (einige vermummen sich ja sowieso gerne und tragen Handschuhe:)) und kreativ, bunt, überraschend und vielfältig zu agieren und selbstverständlich unnötige Ansteckungen zu vermeiden (unnötig sind die mit den Virus, nötig die mit den zündenden Ideen!)
Wir fragen uns übrigens, wenn auf alle öffentliche Veranstaltungen und soziale Kontakte verzichtet werden soll, warum werden nicht alle Großbetriebe in Wuppertal und sonstwo stillgelegt?! Die Forderungen von Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich wie Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhungen müssen jetzt umgesetzt werden!
Unsere Gedanken sind auch bei den Menschen in den Knästen und (Abschiebe-)Lagern. Wir fordern, dass die Leute entlassen werden. Erstens sowieso und zweitens ist dort wegen der beengten Verhältnisse eine Ansteckung besonders wahrscheinlich!
Geflüchtete müssen jetzt endlich dezentral in angemessenen Wohnungen untergebracht werden!
Aufnehmen statt sterben lassen! Die Faschisierung Europas stoppen! Alle Geflüchteten müssen von den griechischen Inseln und aus allen überfüllten Lagersituationen gelassen werden und angemessen untergebracht werden!
Sofortige Beendigung des EU-Türkei Deals, sofortiger Stopp der staatlichen Gewalt und der Ermordung von Migrant*innen an den Außengrenzen!
Auch der Erwerbslosenverein Tacheles aus Wuppertal hat weitere sinnvolle Forderungen für soziale Sofortmaßnahmen aufgestellt: https://wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2624/
Der Ausnahmezustand ist der Feind, wir dürfen uns das Soziale nicht vernichten lassen!
Den Widerstand unter Corona-Bedingungen entwickeln!

 


 
Hier ist unser ursprüngliche Aufruf für die urspünglich am 4.April geplante Demonstration, den wir immer noch für wichtig und richtig halten und an dieser Stelle nochmal veröffentlichen:
 
Schluss mit der Repression – Hände weg vom 1.Mai!
Solidarität mit den Angeklagten der 1. Mai Prozesse und allen Betroffenen von Polizeigewalt und rassistischen Schikanen in Wuppertal und überall sonst!
Die autoritäre Formierung der Gesellschaft zeigt sich immer drastischer:
Im ganzen Bundesgebiet kommt es zunehmend zu Angriffen auf selbstorganisierte linke Strukturen, Verletzte und Tote bei Widerworten gegenüber der Polizei sind alltäglich und rassistische Polizeiarbeit nimmt im Kampf gegen angebliche „Clan-Kriminalität“ neue Ausmaße an, indem pauschal die Bewohner*innen ganzer Stadtteile kriminalisiert werden. Nicht zuletzt wurde das rassistische Massaker von Hanau auch durch die Markierung mittels dauernden Razzien durch Polizeihundertschaften von Orten wie Shisha Bars in migrantisch geprägten Vierteln möglich.
Auch in Wuppertal kriegen wir die Auswirkungen der Law-and-Order Politik von Bund und Ländern mit ihren neuen „Polizeiaufgabengesetzen“ heftig zu spüren.
Gegen jedes Gerede vom Rechtsstaat zieht die Staatsanwaltschaft Wuppertal die absurden Prozesse wegen des 1. Mai 2018 mit vollem Eifer durch und drängt, notfalls auch in nächster Instanz, auf Verurteilungen mit horrenden Strafen und existenzbedrohenden Konsequenzen für die Betroffenen. Aktivist*innen, denen nichts nachgewiesen werden kann, meist nicht einmal, dass sie überhaupt vor Ort waren, werden in den Verfahren vor dem Wuppertaler Amts- und Landgericht, die mehr an Schauprozesse erinnern, drakonische Strafen aufgebührdet.
Ohne die geringsten Beweise für strafbares Verhalten der Angeklagten soll hier ein Exempel statuiert werden, um alle anderen Menschen für die Zukunft davor zu warnen, sich ihr Recht auf die Straße zu nehmen. Bei Urteilen, wie zuletzt 8 Monaten Haft ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung plus 600 Euro Geldstrafe für zwei Menschen, weil sie im Umfeld anwesend waren als irgendwo eine Polizeikette durchbrochen wurde, kann man eigentlich nur noch von Gesinnungsjustiz sprechen.
Die zermürbenden Gerichtsprozesse laufen nun schon über ein Jahr lang und kein Ende ist in Sicht. Aber der Autonome 1.Mai ist alles andere als tot. 2019 lief eine unangemeldete Demo durch die Wuppertaler Nordstadt Richtung Schusterplatz. Aber auch hier war sich die Polizei nicht zu blöd, sich der Demo noch kurz bevor diese ihr Ziel einfach erreicht hätte, mit allen verfügbaren Kräften im wahrsten Sinne des Wortes entgegen zu schmeißen. Zwischenzeitlich kreiste sogar ein Hubschrauber über der Nordstadt, um ca. 100 Leute die vorher demonstriert hatten aufzuspüren.
Auch immer massiveres Auftreten gegen angemeldete Versammlungen, wie zuletzt bei der anarcha-queer*feministischen Nachttanzdemonstration am 07. März, gehören in Wuppertal anscheinend zum guten Ton der Polizei. So fand eine Attacke auf die Demonstration bereits zu Beginn statt, als gegen die Anmelderin ein Strafverfahren wegen eines Indymedia linksunten-Transparentes am Lautsprecherwagen eingeleitet wurde. Gesäumt von weiteren Gewaltphantasien gegen die Demo, wie Androhungen, Menschen raus zu ziehen oder der Androhung, dass „allen die Augen tränen würden“, ging der Abend nach der Demo mit der Festnahme einer Person weiter, die während der anschliessenden Party am Kiosk Zigaretten kaufen wollte. Als solidarische Menschen diesen von der Gesa abholen wollten, wurde diesen ein unbegründeter Platzverweis erteilt, sowie eine Person gewalttätig rausgezogen und deren Personalien aufgenommen. Diese Agitation stellt eine neue Stufe von Vorgehen gegen angemeldete Versammlungen dar, welche seit Jahren Tradition haben und bis dato problemlos ablaufen konnten.
Neben den Angriffen auf selbstorganisierte Linke nehmen alltägliche Polizeigewalt und rassistische Kontrollen weiter zu.
Oberbarmen und Elberfeld werden stundenlang von Hundertschaften belagert, die nach rassistischen Kriterien ausgewählte Menschen vor Ort anlasslos kontrollieren und drangsalieren. Passant*innen, die im Vorbeigehen diese Kontrollen kritisieren, erhalten dafür schikanöse Komplettdurchsuchungen samt anschließendem Platzverweis für den gesamten Stadtteil. Begründen muss die Polizei das alles mit dem Verweis auf angebliche Gefahrengebiete und sogenannte „Clan-Kriminalität“ nicht mehr. Wo die Polizei diese Gefahrengebiete definiert hat, bleibt dabei ihr Geheimnis und ist für die Öffentlichkeit nur schwer nachzuvollziehen.
Menschen, die in der Elberfelder Nordstadt nur von einer Party zur anderen unterwegs sind und der linken Szene zugeordnet werden, finden sich auf einmal wie aus dem Nichts umringt von zig Polizist*innen samt Hunden und Zivis in Personenkontrollen wieder. Ebenfalls alles wieder (nicht) begründet, mit dem Verweis auf angebliche Gefahrengebiete.
Ein Witz reicht dann, um auf den Boden geschubst zu werden und den Rest der Nacht im Gewahrsam zu verbringen. Verletzt man sich dabei sichtlich, gibt es vorsorglich eine Anzeige wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte hinterher, worauf seit der Verschärfung des §113 mittlerweile mindestens 3 Monate Haft stehen.
Und wie wir in Wichlinghausen gesehen haben, schreckt die Polizei immer weniger vorm Töten zurück, sobald sie sich in irgendeiner Form bedroht fühlt. Ein 25jähriger wurde von 3 Polizist*innen angetroffen, wie er mit einen handelsüblichen 2 Kilo-Hammer Autospiegel demolierte. Die drei schwerbewaffneten, ausgebildeten Staatsdiener*innen sahen es offensichtlich als notwendig an, den jungen Mann zu erschiessen.
Ermächtigt durch die neuen Polizeigesetze und unbehelligt von einer vollkommen unkritischen bürgerlichen Presse, dreht der Wuppertaler Polizeiapparat völlig frei und versucht, jede Kritik und jeden Widerstand mit Gewalt, Schikane und heftigen Strafandrohungen im Keim zu ersticken. Mit Rückendeckung des NRW-Innenministers Herbert Reul greift Wuppertals Polizeipräsident Markus Röhrl durch, anscheinend ohne irgendwelche Konsequenzen für sein Handeln zu fürchten.
Doch wir sagen, es reicht!
Wir werden am 1. Mai unangemeldet auf die Straße gehen, solange wie es nötig ist. Gegen den Rechtsruck und den Druck der autoritären Formierung werden wir uns neue Freiräume erkämpfen und die, die wir haben, weiter verteidigen.
Wir stehen auf gegen rassistische Polizeikontrollen und lassen die Betroffenen von Polizeigewalt nicht alleine, indem wir Öffentlichkeit herstellen, Spenden sammeln und für sie da sind, damit sie die Repression nicht alleine tragen müssen.
Lasst uns alle gemeinsam am 04.04.2020 in Wuppertal ein Zeichen setzen und den Kampf gegen Repression und autoritäre Formierung auf die Straße tragen. Wir sagen: Weg mit Reul und Röhrl, es ist Zeit, den herrschenden Zuständen offensiv entgegenzutreten!
Solidarische Grüße senden wir an die Gefährt*innen in Hamburg, die ebenfalls am 4.April eine große Antirepressions-Demo unter dem Motto „UNITED! Gegen Rassismus, Überwachung und Repression“ veranstalten.
Hände weg vom 1.Mai – Schluss mit der Repression!
Einstellung aller Verfahren, jetzt sofort!
Solidarität mit allen Opfern der Polizeigewalt!
Solidarität mit der Familie von Max!
Solidarität mit allen Betroffenen der Polizeischikanen in Elberfeld und Oberbarmen!
Heraus zum autonomen 1.Mai!
Erstveröffentlichung am 20. März 2020 auf Indymedia
Für aktuelle Infos rund um den autonomen 1. Mai: autonomer1mai.noblogs.org